Fachbeiträge 2

 


Kalkputz und Mörtel am Baudenkmal (Teil 1)


Beitrag von Konrad Fischer (aktualisiert 3/10) Leider im Okt. 2018 einem Krebsleiden erlegen, aber eine bis heute aktuelle Quelle für die Bauwerkserhaltung (Ursprungsbeitrag)


Ich habe den Beitrag in seiner Komplexität übernommen, weil er zu vielen Problematiken eine solide Basis darstellt.


"Die historischen Verputze und ihre Kalkanstriche sind nicht deshalberhalten geblieben, weil sie nicht nass werden, sondern deshalb, weildas Wasser sehr schnell wieder verdunsten kann [...], weil es [...]unter günstigen Bedingungen zu keiner Akkumulation von Salzen unterder Oberfläche kommen kann, weil die Salze auf der Oberfläche"ausblühen" können [...]." Prof. Dr. Ivo Hammer [1]

Kalk ist ein Lieblingsbaustoff der Denkmalpflege. Trotz der vielen Schäden mit modernen Baustoffen im Alt- und Neubau sind aber auch traditionelle Kalkprodukte nicht unproblematisch. Mißerfolge beeinträchtigen deren Ansehen. Darf man Kalkprodukten überhaupt Vertrauen schenken, oder sind diese bestenfalls ausnahmsweise - wie z.B. im Denkmalschutz - einsetzen? Will der Architekt reine Kalkprodukte anwenden, ohne künstliche oder hochhydraulische Zutaten, drohen ihm regelmäßig drei Gefahren:

1. Der Handwerker meldet Bedenken, deren Ursprung der Fertigproduktwerbung zu entstammen scheint. Eine Haftung und Gewährleistung für Kalkanwendungen wird kategorisch abgelehnt, die sogenannten "allgemein anerkannten Regeln der Baukunst" scheinen verletzt. Ergebnis: Der Bauherr und der Architekt geben auf- zement- bzw. kunststoffhaltige Industrieprodukte werden ersatzweise angewendet.

2. Der Handwerker tauscht undeklariert die geforderten reinen Kalkprodukte gegen mit Zement bzw. Kunststoff verschnittene und besser maschinengängige Ersatzprodukte aus. Oft gibt er bei Baustellenmischungen hinter dem Rücken der Bauleitung dem Mörtel das berühmte Schäufelchen Zement, der Farbe den "Spritzer"Kunststoffbinder dazu. Oder er arbeitet mit den Kalkprodukten rund um Weißkalkhydrat / Weißkalk, Sumpfkalk / Löschkalk / Speckkalk,Kalktünche, Kalkmilch, Kalksinterwasser, Kalkmörtel /Luftkalkmörtel / Sumpfkalkmörtel / Speckkalkmörtel, Kalkputz /Luftkalkputz / Sumpfkalkputz / Weißkalkputz / Speckkalkputz undKalkspachtel, ohne deren erheblichen Ansprüche an die ausreichende Feuchteversorgung des Untergrund und der frischen Schicht sowie die fachgerechte Verarbeitung bis zur rechtzeitigen Entfernung des Sinterhäutchens von abbindenden Oberflächen ausreichend zubeachten. Gibt es dann Schäden, dann ist der Architekt oder derBauherr schuld, die ja keine "üblichen" Baustoffe wollten.

3. Das angewendete Rezept, oft abgeschrieben aus unverstandener Fachliteratur oder alten Leistungsbeschreibungen, im Labor und der Praxis nicht genug ausgetestet und optimiert, vernachlässigt dietraditionellen Erfahrungen. Früher übliche Vergütungszusätze, wie Ziegelmehl, Fruchtzucker, Öle, Kasein und sonstige Naturstoffe, die die objekttypische Eignung hervorbrachten, werden nicht oder nicht sachgerecht verwendet. Der Mörtel will nicht richtig haften, der Anstrich staubt, kreidet und mehlt. Hersteller- und handwerksseitige Saniervorschläge, wenn das Kind in den Brunenn gefallen ist, greifen nicht oder nicht ausreichend. Doch es kann noch schlimmer kommen, wenn sich der Kalkmörtel bei jedem Regen und Kondensatanfall unmäßigmit Wasser vollsaugt, Untergrundsalze deswegen nicht ausreichendabführt und obendrein keine ausreichende innere Bindung (Kohäsion) aufweist. Frost, und Salzsprengschäden sind die unabänderliche Folge. Die Untersuchung des Fraunhofer Institutes Holzkirchen "Kalkputz in der Denkmalpflege" dokumentiert hier zu spektakuläre Versagensfälle bei ausgerechnet von Denkmalbehörden beratenen Kalkputzen. Ergebnis: "daß die Anwendung reiner Luftkalkputze ohne Zusatzmittel in der Praxisnicht vertretbar ist, da mit zu großen Schadensrisiken verbunden".[2]

KonradFischer: "Fassaden energetisch richtig und kostensparend sanieren"


Literaturangaben
[1]I. Hammer, Zur Nachhaltigkeit mineralischer Beschichtung vonArchitekturoberflächen, Erfahrungen mit Kaliwasserglas und Kalk inÖsterreich, in: Mineralfarben, Beiträge zur Geschichte undRestaurierung von Fassadenmalereien und Anstrichen, Hochschulverlag,Zürich 1998
[2] H. Künzel, G. Riedl: Werk-Trockenmörtel,Kalkputze in der Denkmalpflege, in: Bautenschutz u. Bausanierung2/96.